Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens.

[Rede von Leinemasch BLEIBT auf der Lützerath-Soli-Demo am 6. Januar in Hannover Linden.]

Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens. Das sagt Antonio Guterres, und er ist UN-Generalsekretär und kein irgendwie kleiner linker Revolutionär.

Kampf unseres Lebens? Was soll das heißen?

Das heißt, dass dieser Planet hier, dieser eine hier, genau jetzt, dummerweise zu unseren Lebzeiten damit angefangen hat, sich massiv zu verwandeln. In einen Planeten, der für Menschen, die aufrecht gehen und in verträglichen sozialen Gefügen leben, unbewohnbar wird.

Wieso tut der Planet das?

Weil wenige Menschen ihre Gier nicht zügeln können und mit der Zerstörung einfach weitermachen. Zum Beispiel weil sie von Braunkohle oder Autoproduktion massiv profitieren. Oder sie geben sich dem beruflichen oder dem Hobby-CO2-Verprassen hin, nach dem Selbstverständnis „hab ich mir verdient, und nach mir die Sintflut“.

„Kampf unseres Lebens“ heißt für die meisten von uns, vor allem für die jüngeren:

dass sie einen großen Teil ihres Lebens in der Klimahölle leben, kämpfen, hungern und sterben werden. Wenn diese jüngeren Menschen im Globalen Süden leben, ist das Risiko hoch, dass sie schon jetzt in der Klimahölle leben, kämpfen, hungern und sterben.

Mit „Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens“ fasst Antonio Guterrez übrigens den Weltklimabericht zusammen, das wahrscheinlich umfassendste, krasseste, meistgeprüfte und gecheckte wissenschaftliche Dokument, das es auf der Welt gibt.

Und wir wissen das eigentlich alle: Dass wir die Grenzen, die planetaren Erhitzungsgrenzen, die im Pariser Klimabkommen verhandelt wurden, einhalten MÜSSEN. Und wir wissen, dass genau das auch beschlossen ist. Auch von Deutschland. Das Pariser Klimaabkommen ist das Commitment, dass wir alle jetzt im Kampfmodus sind. Denn jenseits dieser Erhitzungsgrenzen lauern Abgründe, die so heftig sind, dass wir uns nicht trauen, länger darüber nachzudenken, geschweige denn wirklich reinzugucken. In den Abgrund.

Und das ganze Zitat von Guterres heißt:

Wir kämpfen den Kampf unseres Lebens – und wir verlieren. We are losing.

Wir verlieren genau deshalb, weil wir nicht in den Abgrund gucken. Und nicht sehen wollen, wie tief er ist.

Es gibt aber einen Ort, an dem das „in den Abgrund gucken“ komplett real ist. Einen Ort, an dem die Zerstörungskraft von CO2 einen umhaut.

Alle, die in Lützerath schon einmal an der Kante gestanden haben, wissen genau, was ich meine. Das Loch ist so entsetzlich, dass man nicht glauben kann, dass Menschen so etwas der Welt antun können. Das Loch ist tief. Das Loch ist groß. Es reicht bis zum Horizont und ist bis zu 190 m tief, man könnte zweimal die Marktkirche reinstellen.

Und in diesem Loch bewegen sich gigantische Kohlebagger und fressen sich ins Land. Mit ihren monströsen Schaufeln reißen sie unerbittlich den fruchtbaren Boden vor Lützerath auf, machen aus diesem fruchtbaren Boden noch mehr Loch, um die Kohle unter dem Boden zu verdauern.

Und die eigentliche Zerstörung entsteht ja erst, wenn die Kohle, die da aus der Erde gekratzt wird, verbrennt. Kohle, die für Energiesicherheit nicht gebraucht wird, übrigens, auch wenn RWE das behauptet.

Wenn die Kohle, für die Lützerath abgebaggert werden soll, verbrennt, verbrennt ein für alle Mal das Klimaabkommen. Indem sie die Kohle abbaggern lassen, sagen die Regierungen in NRW und Berlin: Nicht so wichtig. Sie sagen: Klima? – ist grad nicht dran. Unsere verbindlichen Klimaabkommen? – sind grad egal. Eure Lebensgrundlagen, eure Zukunft? – naja sorry.

Deshalb kämpfen wir. Wir kämpfen jetzt in Lützerath den Kampf unseres Lebens.

Es ist auch der Kampf eures Lebens, auch wenn ihr Schule habt, arbeiten müsst, eigentlich keinen Bock habt, noch nie demonstrieren wart. Oder nicht in den Abgrund gucken wollt.

Es ist auch euer Kampf.

Wir machen den politischen Preis für Regierungen, die das Pariser Klimaabkommen unterlaufen, unbezahlbar. Dafür müssen wir viele sein.

In Hannover sehen wir gerade im Kampf gegen die klimamonströse, sinnlose Verbreiterung des Südschnellwegs, dass es möglich ist, den politischen Preis hochzutreiben: Mit Leinemasch Bleibt haben wir es geschafft, dass an den Ricklinger Kiesteichen genau JETZT nicht gerodet wird – ein Erfolg, an den niemand vorher glaubte. Wir haben Zeit bis Oktober gewonnen, um diese Rodungen endgültig zu verhindern. Bei der Rodung des ersten Abschnitts in Döhren waren fünf Hundertschaften Polizei dabei – dabei wurde gegen diesen Teil nicht mal mobilisiert, und die Besetzung wurde gar nich geräumt.

Der politische Preis für die Räumung Lützerath ist um ein Vielfaches höher getrieben und muss noch höher werden. 1000 Polizist*innen sind angekündigt, um nächste Woche damit anzufangen, den Rest einer Ortschaft – Lützerath – zu räumen, die ohne Aktivisti nur noch sieben verlassene Häuser hätte.

Das ist der Weg, den wir haben, und wir haben nur diesen einen Weg: Wenn wir als Menschen überleben wollen, wenn wir nicht auf Kosten vieler anderer überleben wollen, wenn wir jungen Menschen eine Zukunft sichern wollen, dann können wir nicht warten und auf Wunder hoffen.

– Und wir verlieren. Sagt Guterrez. Ja, so sieht es aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir gegen die starken Beharrungskräfte des Weiter-so gewinnen, ist nicht groß. Aber wir haben unsere Entschlossenheit. Und wir stehen auf der Seite des Lebens, nicht der Zerstörung.

Deshalb: bucht euch – wenn ihr nicht andere Reisepläne nach Lützerath habt – euer Busticket für die Demo am 14. Januar – 150 Menschen aus Hannover fahren schon mit! – gemeinsam wagen wir es, in den Abgrund zu gucken und dann treiben wir mit tausenden anderen den politischen Preis für die Zerstörung ins unbezahlbare.

OneStruggleOneFight!

Lützi lebt und Leinemasch BLEIBT

#LützerathUnräumbar