„Wer seid ihr? Kann ich mitmachen? Und ist das überhaupt erlaubt?!“

Selbstverständnis und Aktionskonsens von Leinemasch BLEIBT (22. August 2022)

Die Kurzfassung für Eilige:

  • Leinemasch BLEIBT (LmB) ist zweierlei: Wir sind einmal eine lokale Initiative und setzen uns gegen den Südschnellweg(SSW)-Ausbau und für den Erhalt „unserer“ Leinemasch ein, für unverzichtbare Naturräume und Naherholung in Zeiten der Klimazerstörung. Wir sind aber auch Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung, die weltweit gegen den Klimakollaps und für Gerechtigkeit kämpft. Außerdem gehören wir dem Wald-statt-Asphalt-Bündnis an, das aus der Besetzung des Dannenröder Forsts gegen die A49 entstanden ist.
  • Ihr seid herzlich eingeladen, euch als Teil von LmB zu verstehen und selbstständig unter diesem Namen aktiv zu werden, sofern ihr unsere Werte teilt. Wenn ihr euch direkt anschließen wollt, lernt uns doch bei einer der nächsten Veranstaltungen persönlich kennen.
  • Wir recherchieren, vernetzen, informieren, unterstützen und bieten einen Rahmen. Wir begrüßen dabei alle Formen legitimen Protests, vom Brief zur Demo bis zur Besetzung.
  • Leinemasch BLEIBT ruft selbst nicht zu Blockaden und Besetzungen auf.


Und hier die lange Antwort:

Im November 2021 ist eine Handvoll Menschen als Leinemasch BLEIBT gestartet. Unser Anliegen: die Absurdität und Zukunftswidrigkeit des geplanten Ausbaus sichtbar und den Widerstand dagegen groß, wirksam und erfolgreich machen.

Seitdem sind wir viele geworden, der Ausbau ist öffentliches Thema. Die Rodung droht dennoch, bald. Ein guter Moment, noch einmal zu erklären, was uns viele Menschen gefragt haben:

„Was ist denn Klimagerechtigkeit?“

Es gehört zu den Klimaschutz-Basics, sich mit Fragen und Fakten etwa zu Emissionen, IPCC-Prognosen, zur Energie- und Verkehrswende auseinanderzusetzen. Aber es ist uns auch wichtig, beim Blick auf die katastrophale Lage, in der wir uns befinden, den sozialen, politischen und historischen Kontext einzubeziehen: Wie konnte es soweit kommen? Wer sind die Gewinner, wer verliert am meisten? Wer hat Macht, was ist gerecht? Woher kommen die Geschichten, die wir uns über Erfolg und Leistung erzählen, darüber, was wir selbst „verdient haben“, über „Freiheit“ und ein „gutes Leben“?

Ohne Antworten auf diese Fragen, so die Überzeugung, werden wir erfolglos gegen Symptome ankämpfen und leicht Scheinlösungen auf den Leim gehen.

„Gerechtigkeit“ und „Solidarität“ sind die beiden großen Antworten, die die Klimagerechtigkeitsbewegung gibt. Es sind gleichzeitig ihre Forderungen. Daraus folgt auch, dass sie entschieden gegen Faschismus, Rassismus, koloniale Kontinuitäten, Antisemitismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit und andere Formen der Diskriminierung steht. Und gegen den naiven Glauben an unendliches Wachstum – denn es ist klar, dass unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten tödlich ist. Wir erleben es gerade. Wir distanzieren uns außerdem von Verschwörungsmythen unter anderem im Corona-Kontext und tragen, so gut es geht, zur Eindämmung der Pandemie bei. Auch aus Solidarität.

„Ist das wichtig für die Leinemasch?“

Für unseren Protest heißt das: Wir setzen uns als Menschen, die hier in Hannover leben, für den Erhalt der Leinemasch als unser Naherholungs- und Landschaftsschutzgebiet ein.

Gleichzeitig sehen wir in den SSW-Ausbauplänen ein typisches Beispiel ungebremster Zerstörung, die sich gegen jede Vernunft und trotz geltender Klimagesetzgebung wie auf Autopilot voranwälzt. Ein Protest in der Leinemasch ist für uns deshalb auch einer für Klimagerechtigkeit. Es ist ein Protest, der sich exemplarisch dem Gesamtwahnsinn fortschreitender Vernichtung von Lebensgrundlagen in den Weg stellt. Denn wenn die Leinemasch bleibt, aber der Gesamtwahnsinn nicht endet, gibt es nichts zu gewinnen.

Auch zu diesem Aspekt des Protests laden wir euch herzlich ein und bieten entsprechende Vernetzung, Unterstützung und Öffentlichkeit – im Rahmen unserer Kapazitäten.

„Dann macht ihr auch Besetzungen?“

Petitionen, Demos, Info-Spaziergänge, Mahnwachen – das sind Protestformen, die vor uns bereits das Bündnis gegen den Ausbau des Südschnellwegs und die seit November 2021 auch wir nutzen. Das „Wir“ schließt mittlerweile viele weitere Gruppen in Hannover ein, die sich dem Protest angeschlossen haben. Wir ermutigen alle, die sich mit den oben genannten Werten identifizieren, sich als Teil von Leinemasch BLEIBT zu verstehen und selbst aktiv zu werden. Wie ihr eine Mahnwache (oder Versammlung …) anmeldet, erklären wir beispielsweise hier.

Wir erklären uns ausdrücklich auch mit der Leinemasch-„Probebesetzung“ von Ende Gelände im Juli solidarisch. Friedliche Blockaden und Besetzungen machen sichtbar, dass etwas Gewaltsames und Unrechtes geschieht, weil Menschen offensichtlich bereit sind, sehr viel auf sich zu nehmen, um das zu verhindern. Blockaden und Besetzungen treiben den politischen Preis für die Zerstörung von Lebensgrundlagen hoch.

Sie sind nicht legal, aber in unserem und in einem verbreiteten rechtsphilosophischen und Rechtsstaats-Verständnis als Formen Zivilen Ungehorsams legitim. Gerade im Kontext der ungebremsten Klimazerstörung.

–> Rechtfertigt der Klimawandel zivilen Ungehorsam?

Für Aktionen zivilen Ungehorsams, die unter dem Label Leinemasch BLEIBT stattfinden sollen, haben wir einen Aktionskonsens im Austausch mit beteiligten Gruppen aufgestellt. Er dient dazu, dass solche Aktionen für alle Teilnehmenden transparent und gut einzuschätzen sind.

Alle Menschen, die sich dieser Vereinbarung anschließen, sind als Einzelne oder als Teil einer Gruppe herzlich eingeladen, sich zu beteiligen. –> Aktionskonsens