6000 Menschen fordern in Hannover Ende der Südschnellweg-Pläne

Das war ein unignorierbarer Tag gegen den Ausbau des Südschnellwegs in Hannover, ein Tag für Klimagerechtigkeit: Überzeugende, wütende Reden, ein nicht enden wollender Demozug durch die Leinemasch, die Band Provinz mit der perfekten musikalischen Übersetzung. Und parallel zur Demo blockiert Ende Gelände eine Südschnellweg-Baustelle.

Hannover, 1. Oktober 23. Der Platz am Döhrener Turm in Hannovers Süden ist rappelvoll. Und all die Menschen vor der Bühne sind für genau ein Thema hier. „6000 Menschen machen hier gerade deutlich, dass sie Rodungen in der Leinemasch in Hannover nicht hinnehmen wollen“, sagt Tabea Damman, Sprecherin von Leinemasch BLEIBT (im Bild oben). „Und gemeinsam erinnern wir die Verantwortlichen in Land und Bund daran, dass es verbindliche Klimaziele gibt. Diese Ziele sind mit einer Verbreiterung des Südschnellwegs nicht vereinbar. Diese Ziele erfordern volle Power für eine echte soziale Mobilitätswende – hier und überall!“

Leinemasch BLEIBT hat gemeinsam mit Fridays for Future Hannover und einem Bündnis von rund 20 Gruppen und Initiativen zu dieser Demo am ersten Tag der Rodungssaison 2023/24 aufgerufen. Denn in dieser Rodungssaison plant der Niedersächsische Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) trotz jahrelangem heftigem Protest, den Südschnellweg – B3, B6, B65 – um rund zehn Meter für Standstreifen zu verbreitern. Massive Rodungen im Landschaftsschutzgebiet wären dafür erforderlich.

Das ist absurd. Wie absurd, macht Jonas von Leinemasch BLEIBT in seiner Rede deutlich, mit einem Trick: Er liest glühende Bekenntnisse zum radikalen Umdenken in der Klimakatastrophe vor – um dann zu erklären, dass dies von Ministerpräsident Weil und Verkehrsminister Lies unterschriebene Aussagen sind. Ungläubiges Gelächter. Als die Moderatorinnen später auf der Bühne verkünden, dass Ende Gelände bekannt gibt, dass sie die Baustelle nebenan besetzt haben, brandet lauter Jubel auf.

Später, als der Demozug erst die besetzte Baustelle und später Tümpeltown passiert, wird den weiß gekleideten Aktivist*innen auf den Baggern beziehungsweise den schwarz gekleideten Aktivist*innen in den Bäumen von vielen mit Sprechgesängen gedankt. Ihre Kriminalisierung wird auch von den Redner*innen angeprangert: Kriminell seien diejenigen, die Gesetze und Abkommen brechen und trotz Klimakatastrophe das Weiter-so durchziehen. Die Wut auf die Ausbaupläne eint das Publikum,  egal ob Familie aus Hannover oder angereiste Fridays for Future Ortsgruppe.

Bei der starken Auftaktkundgebung ist auch „Wir fahren zusammen“ dabei. Das Bündnis denkt Klimagerechtigkeit und Tarifverhandlungen im Öffentlichen Nahverkehr zusammen, um die Verkehrswende voranzubringen. Auch die Verflechtungen verfehlter deutscher Klimapolitik mit den Verwüstungen und der andauernden Ausbeutung in anderen Teilen der Welt sind ein Schwerpunkt vieler Demo-Redebeiträge. Der Bogen ist klar: Klimagerechtigkeit geht nur global – und sie fängt genau in der Leinemasch an.

Viele sind zum ersten Mal durch die Leinemasch gelaufen, die mit dieser Demo wohl endgültig als Hotspot politischen Klimaversagens und politischen Protests bekannt werden dürfte. Viele sind entschlossen, sich künftig dem Protest enger anzuschließen.  

Und als die Band Provinz als „Headliner“ der Demo gleich als erstes die wütende  „Hymne gegen euch“ anstimmt, ist allen klar, wer gemeint ist, und das Publikum singt die komplette Hymne mit. Provinz spielen, wie auch die Hinterlandgang, aus Überzeugung auf der Demo, und sie können das Thema auch anders: Sie covern das traurige Lied „Sag mir wo die Blumen sind“. Es endet „Wann wird man je verstehen, wann wird man je verstehen.“

Eins ist heute sehr klar zu verstehen: So geht es nicht. Wer Straßen sät, wird Protest ernten.